Fairer Handel - was ist das?
Was bedeutet Fairer Handel?
“Trade not Aid” war der Slogan, der die Anfänge der Fair-Handels-Bewegung in den 1970er Jahren prägte. Damals wie heute ging es darum, neokolonial-paternalistisch geprägte und ineffektive “Entwicklungshilfe”-Maßnahmen überflüssig zu machen, indem mehr Menschen im Globalen Süden der Zugang zu internationalen Märkten mit korrekten Handelsprinzipien ermöglicht wurde. Fairer Handel bedeutet, den stetig wachsenden Ungerechtigkeiten des Weltmarkts ein alternatives Handelsmodell entgegen zu setzen, in dem die Menschen und die Umwelt im Mittelpunkt stehen.
Was steckt wirklich hinter Fairem Handel?
Die Prinzipien des Fairen Handels
Der Faire Handel an sich ist kein geschützter Begriff. Das heißt, dass Organisationen und Unternehmen ihre Prinzipien festlegen und eigene Siegel und Kontrollsysteme etablieren können. Nicht bei allen Unternehmen, die sich als Fair bezeichnen, stecken wirklich Faire Handelspraktiken. Doch es gibt grundlegende Standards, die die globale Fair Trade Bewegung gemeinsam hat und an deren Einhaltung gemessen werden kann, ob ein Unternehmen es mit dem Fairen Handel ernst meint.
In unserer Arbeit bei el rojito orientieren wir uns an den international anerkannten 10 Prinzipien der World Fair Trade Organisation (WFTO):
- Chancen für wirtschaftlich benachteiligte Produzent*innen schaffen
- Transparenz und Rechenschaftspflicht
- Faire Handelspraktiken: Mindestens 50% Vorfinanzierung, langfristige Verträge und Beziehungen
- Faire Bezahlung: Transparente und faire Preise, Living Wages
- Keine ausbeuterische Kinderarbeit, keine Zwangsarbeit
- Verpflichtung zu Nicht-Diskriminierung, Geschlechtergerechtigkeit & wirtschaftlichem Empowerment von Frauen und Versammlungsfreiheit
- Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen: Einhaltung der ILO-Konventionen zu Gesundheit und Sicherheit
- Förderung der Aus- und Weiterbildung
- Förderung des Fairen Handels: Informations- und Öffentlichkeitsarbeit
- Schutz der Umwelt
Der Faire Handel beschränkt sich nicht nur auf den Handel mit Produkten nach bestimmten Prinzipien, sondern hat auch noch zwei weitere Säulen: Die Bildungs und Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung der Gesellschaft für Themen des Fairen Handels und die politische Arbeit, die darauf abzielt, die Regeln des Welthandels zu verändern. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist das Voranbringen eines verbindlichen Lieferkettengesetzes.
Woran erkennst Du Produkte aus Fairem Handel?
Es gibt einige Siegel, an denen du den Fairen Handel erkennen kannst. Aber zwischen diesen gibt es wichtige Unterschiede, die es sich lohnt, genauer zu kennen. Zuerst einmal muss zwischen Zertifizierungssystemen und Monitoringsystemen unterschieden werden.
In Zertifizierungssystemen, wie bei dem bekannten Fairtrade-Siegel oder dem SPP, geht es um die Herkunft, das heißt, um die Produzent*innenorganisationen. Diese werden nach den aktuellen Standards von Gutachter*innen der Fair-Trade-Organisationen kontrolliert. So können die Produkte, die von dieser Kooperative kommen, mit dem Siegel versehen werden und als Fair verkauft werden. Und zwar auch von großen Konzernen, die sonst eher nicht so fair mit Menschen und Umwelt umgehen.
Bei Monitoringsystemen steht dagegen die gesamte Lieferkette im Fokus. So dürfen beispielsweise nur Unternehmen Mitglied in der World Fair Trade Organisation (WFTO) werden und deren Logo tragen, die nicht nur Faire Produkte handeln, sondern die auch selbst alle Standards einhalten. Ein sehr viel umfassenderes System also.
Gut und detailliert erklärte weiterführende Informationen findest Du beim Forum Fairer Handel.
Sind Bioprodukte automatisch auch Fair gehandelt?
Leider nein! Bioprodukte genauso wie andere Nachhaltigkeitssiegel, zum Beispiel Rainforest Alliance oder UTZ, beinhalten nicht automatisch Standards wie fairere Preise oder das Ausschließen ausbeuterischer Kinderarbeit. Das heißt, dass Du jedes Siegel, das Du für deine Kaufentscheidung beachtest, genau anschauen solltest um sicher zu gehen, dass auch Sozialstandards gesetzt und eingehalten werden.
Allerdings ist die Mehrheit aller Fair gehandelten Produkte auch kontrolliert biologisch angebaut. Denn der Schutz der Umwelt und der ökologischen Vielfalt bildet eine wichtige Säule des Fairen Handels.
Warum wir (noch) auf ein Siegel verzichten
Die Beteiligung an einem Zertifizierungssystem hat el rojito immer abgelehnt. Denn die kostenintensiven Kontrollen können sich nur große Kooperativen leisten, viele unserer Handelspartner sind dafür einfach zu klein. Statt den Handelspartnern von außen Standards in Form eines Kontrollsystems überzustülpen, setzt el rojito seit 35 Jahren auf einen direkten, persönlichen und vertrauensvollen Austausch mit den Kooperativen.
Allerdings verstehen wir auch das Bedürfnis vieler Kund*innen nach Transparenz. Deshalb haben wir uns vorgenommen, zukünftig Mitglied in der WFTO zu werden.
El rojito ist im Lieferantenkatalog des Weltladen-Dachverbandes gelistet und unterzieht sich in diesem Rahmen regelmäßigen Überprüfungen.
Fairer Handel - Solidarischer Handel
Warum nennen wir unseren Handel solidarisch? Unser Bio-Kaffee ist Fair gehandelt – und doch nennen wir unsere Arbeit noch lieber Solidarischen Handel. Denn für uns geht sie noch über den Fairen Handel hinaus.
Ideell fühlen wir uns zuhause in der Solidarischen Ökonomie, die ein völlig anderes Wirtschaftssystem zum Ziel hat, welches nicht auf Kapitalismus und Ausbeutung beruht. Aber auch ganz praktisch wollen wir unsere Handelspartnerschaften möglichst solidarisch gestalten. Nicht nur feste Prinzipien, Standards und Verträge leiten unseren Handel, sondern auch der persönliche Kontakt und die spezifischen Bedarfe der Handelspartner.
Fairen Kaffee kaufen
3 Dinge, auf die Du achten solltest
Fairen Kaffee kannst Du mittlerweile fast überall kaufen: Im Supermarkt, Bioladen, oder im Internet. Da es aber viele unterschiedliche Anbieter gibt, die sich in ihren Standards stark voneinander entscheiden können, solltest Du etwas genauer hinsehen:
- Hat der Anbieter ausschließlich Faire Kaffees im Angebot, oder machen die Fairen Artikel nur einen kleinen Teil des Sortiments aus?
- Steht der Kaffeehändler deines Vertrauens im direkten und regelmäßigen Kontakt mit den Produzent*innen?
- Bestehen langjährige Handelspartnerschaften oder wird jedes Jahr Kaffee von anderen Produzent*innengruppen gekauft?
Denn nur so kannst Du einschätzen, ob die Produzent*innen deines Kaffees unter echt Fairen Bedingungen arbeiten und ob es einen Austausch zu den Handelsstandards und Preisen gibt.